Autor: Jana Weiss (Stand: 01.03.2019)
Alle Kinder haben einen Rechtsanspruch auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung. Dieser Rechtsanspruch kann in verschiedenen Einrichtungsformen (z.B. Kindertagesstätte, Tagespflege, Hort) erfüllt werden. Da Kinder ihre Rechte noch nicht selbst einfordern können, fällt diese Aufgabe den Erziehungsberechtigten (z.B. Eltern, Pflegeeltern) zu.
Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen dem sogenannten Kernrechtsanspruch und dem bedingten Rechtsanspruch. Der Kernrechtsanspruch steht jedem Kind zu und leitet sich aus dem Recht der Kinder auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung ab. D.h. auch Kinder deren Eltern z.B. nicht erwerbstätig sind und die Betreuung theoretisch selbst übernehmen könnten, haben einen Anspruch in diesem Umfang.
Der Kernrechtsanspruch liegt bei einer Betreuungszeit von 6 Stunden täglich bzw. 30 Stunden wöchentlich vom 1. Geburtstag bis zur Einschulung. Anschließend umfasst der Mindestrechtsanspruch 4 Stunden bzw. 20 Wochenstunden für Kinder bis zur Versetzung in die 5. Jahrgangsstufe. Gelegentlich wird der Kernrechtsanspruch auch als Vollzeitbetreuung bezeichnet. Diese Bezeichnung suggeriert jedoch, dass es den Eltern im Rahmen des Kernrechtsanspruch möglich sei, einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachzugehen. Da dies jedoch offenkundig nicht der Fall ist, existiert neben dem Kernrechtsanspruch der bedingte Rechtsanspruch.
Der bedingte Rechtsanspruch soll die persönlichen Lebensumstände der Eltern und Kinder berücksichtigen. In der Regel sind die Erwerbstätigkeit der Eltern aber auch andere Umstände, wie z.B. Krankheit eines Elternteils o.ä. relevant. Der bedingte Rechtsanspruch gilt für alle Kinder ab der Geburt und gilt bis zur Versetzung in die 7. Jahrgangsstufe – also bis zum Ende der Grundschulzeit.
Zwar hat der Bundesgesetzgeber einen Rechtsanspruch (ohne Kapazitätsvorbehalt!) auf Betreuung formuliert, überlässt aber die Ausgestaltung den einzelnen Bundesländern. Für die Umsetzung ist der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe (= Kreisjugendamt) zuständig. Dieses wiederum kann die Aufgabe an die Wohnortgemeinden der Kinder übertragen. In Potsdam-Mittelmark ist das häufig der Fall, d.h. zuständig sind in der Regel die Wohnortgemeinden, die bei amtsgeführten Gemeinden durch die jeweiligen Ämter vertreten werden.
Grundsätzlich hat jedes Kind einen Anspruch auf einen Platz in einer Kita oder Tagespflege – unabhängig von den verfügbaren Kapazitäten. Die sehr uneinheitliche und teilweise wenig familienfreundliche Rechtsprechung zu diesem Thema führte in den vergangenen Jahren jedoch zu einer zunehmenden Aufweichung des Rechtsanspruches. So blieben (auch von Gerichten anerkannte) Verletzungen der Rechte von Kindern und Eltern folgenlos. Erst mit einem Urteil vor dem Bundesgerichtshof im Oktober 2016 wurde höchstrichterlich und damit für alle Bundesländer verbindlich entschieden, dass bei einer von der Kommune zu vertretenden Amtspflichtverletzung ein Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls besteht.
Die Wohnortgemeinde – bei amtsangehörigen Gemeinden vertreten durch die Amtsverwaltung – und das Kreisjugendamt sind verantwortlich für ein ausreichendes Platzangebot. Die Gemeinden und der Landkreis sind daher verpflichtet, rechtzeitig ausreichend Betreuungsplätze zu schaffen. Tun sie das nicht liegt eine so genannte Amtspflichtverletzung vor. Die Wohnortgemeinde und der Landkreis können sich der gemeinsamen Verantwortung nur entziehen, wenn sie ausführen (und belegen!), dass der Platzmangel „unverschuldet“ eingetreten ist. Sofern keine ausreichenden Betreuungsplätze zur Verfügung stehen, haftet die Behördenspitze des jeweils zuständigen Verwaltungsträgers.
In vielen Gemeinden fehlen Kitaplätze. Dies ist bereits seit mehreren Jahren bekannt und mittlerweile virulent. Von den Gemeinden wird gern auf mangelnde finanzielle Mittel und auf die Kitabedarfsplanung des Landkreises Potsdam-Mittelmark verwiesen. Die Eltern müssen sich mit diesen Ausreden jedoch nicht begnügen. Beides führt ausdrücklich nicht zu einer „unverschuldeten Amtspflichtverletzung“. Auch in Bezug auf die Personalausstattung der vorhandenen Einrichtungen wird gern auf einen vermeintlich „unverschuldeten“ Fachkräftemangel verwiesen. Tatsächlich ist jedoch auch hier die Situation bereits länger bekannt und durch die Gemeinden teilweise mitverschuldet. Die einfache Nachfrage zu der Anzahl der besetzten Ausbildungsplätze in den letzten 5 bis 10 Jahren schafft hier Klarheit.
Nein, das Angebot muss für das Kind und die Eltern „zumutbar“ und „bedarfsgerecht“ sein.
Die „Zumutbarkeit“ eines Platzangebotes unterliegt nicht der persönlichen Meinung der Eltern sondern ergibt sich aus den rechtlichen Grundlagen bzw. der ständigen Rechtsprechung. Ob ein Platzangebot also „zumutbar“ ist, muss im konkreten Einzelfall durch einen spezialisierten Juristen geprüft werden. Warnen möchten wir an dieser Stelle vor den Zeitungsartikeln in diesem Bereich – oft sind Urteile nur unzureichend oder teilweise falsch zitiert. Sofern Sie sich selbst informieren wollen, schauen Sie daher immer in die konkreten Urteile nebst Begründung.
Einzelne relevante Punkte haben wir für Sie zusammengestellt. Die Liste ist nicht abschließend, soll aber eine kleine Orientierung geben.
Ob ein Angebot „bedarfsgerecht“ ist, hängt von den persönlichen Lebensumständen der Eltern ab. Müssen die Eltern z.B. häufig nachts oder abends arbeiten, ist ein Platzangebot in der Zeit von 9:00 bis 15:00 Uhr nicht bedarfsgerecht. Das Gleiche gilt für Eltern, die im Schichtdienst tätig sind. Auch wenn die angebotene Einrichtung Schließzeiten hat und die Eltern in dieser Zeit keinen Urlaub nehmen können (z.B. in der Tourismusbranche in der Sommerzeit oder im Spielwareneinzelhandel zu Weihnachten) ist das Platzangebot nicht bedarfsgerecht, wenn keine Ersatzbetreuung existiert. Auch die Betreuungsform muss geeignet sein. So können berufstätige Eltern nicht auf einen Spielkreis verwiesen werden, da dort die ständige Anwesenheit der Eltern gefordert wird.
Es ist die Aufgabe der Gemeinde (ggf. vertreten durch die Amtsverwaltung) einen geeigneten Platz anzubieten. Es ist jedoch ausdrücklich nicht die Aufgabe einer konkreten Einrichtung z.B. Kita oder Tagesmutter. D.h. die Eltern können nicht von einer konkreten Kita verlangen, verlängerte Öffnungszeiten anzubieten, um die Kinderbetreuung sicherzustellen. Sie können aber von der Gemeinde verlangen mindestens eine Kita/ Tagesmutter zu benennen, die passende Betreuungszeiten anbietet. Kann die Gemeinde keinen Platz anbieten, der zumutbar und bedarfsgerecht ist, ist der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz nicht erfüllt.
Das Wunsch- und Wahlrecht zwischen verschiedenen Betreuungsangeboten und -formen ist in §5 SGB VIII gesetzlich verankert. Dort heißt es
(1) Die Leistungsberechtigten haben das Recht, zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe zu äußern. Sie sind auf dieses Recht hinzuweisen.
(2) Der Wahl und den Wünschen soll entsprochen werden, sofern dies nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Wünscht der Leistungsberechtigte die Erbringung einer in § 78a genannten Leistung in einer Einrichtung, mit deren Träger keine Vereinbarungen nach § 78b bestehen, so soll der Wahl nur entsprochen werden, wenn die Erbringung der Leistung in dieser Einrichtung im Einzelfall oder nach Maßgabe des Hilfeplans (§ 36) geboten ist.
Grundsätzlich darf man also zwischen verschiedenen Einrichtungen wählen sofern Plätze frei sind.
Faktisch muss man jedoch festhalten, dass es aufgrund des akuten Platzmangels kein Wunsch- und Wahlrecht gibt und das o.g. Bundesgesetz durch die aktuelle Rechtsprechung de facto ausgehebelt wird. Im Sinne eines umfassenden Qualitätswettbewerbes verschiedener Einrichtungen ist das äußerst kritisch zu bewerten.
Erst wenn es ein ausreichendes Platzangebot in unterschiedlichen Einrichtungen verschiedener Träger gibt, wird es wieder ein Wunsch- und Wahlrecht der Eltern geben. An dieser Stelle können wir nur allen Eltern empfehlen bei der Suche nach einem Wohnort auf ein pluralistisches Angebot von Kindertagesstätten verschiedener Träger zu achten und die Wohnortwahl entsprechend zu treffen.
Zunächst ist zwischen der Feststellung des Rechtsanspruches und der Aufnahme in eine konkrete Einrichtung zu unterscheiden. Ersteres ist die Aufgabe des Kreisjugendamtes oder der Wohnortgemeinde und wird via Verwaltungsakt mit einem Bescheid abgeschlossen. Bei der Aufnahme in eine konkrete Einrichtung ist eine Anmeldung bei dem jeweiligen Betreiber der Einrichtung erforderlich (bei kommunalen Einrichtungen die Gemeinde, in der die Kita steht) Das Anmeldeverfahren kann hier sehr unterschiedlich sein. Sobald Sie sich also für eine konkrete Einrichtung entschieden haben, erkundigen Sie sich bitte bei der Kitaleitung nach dem Anmeldeverfahren.
Überlegen Sie sich, ob Sie eine Agentur mit der Suche nach einem Kitaplatz beauftragen wollen. Die Kosten halten sich im Rahmen und Sie sparen Nerven und insbesondere Zeit, die Sie mit ihrem Kind verbringen könnten. Falls sie selbst aktiv werden wollen haben wir für sie ein paar Hinweise zusammengestellt.
Grundsätzlich ist der Rechtsanspruch durch den örtlichen Jugendhilfeträger zu prüfen. Der örtliche Jugendhilfeträger (Jugendamt vom Landkreis Potsdam-Mittelmark) hat diese Aufgabe in der Regel an die Gemeinden übertragen. Die Herausgabe der Formulare wird von Amtsverwaltungen oder Gemeinden jedoch teilweise verweigert. Es gibt Fälle in denen von Eltern aufgefordert werden das Formular erst drei Monate vor dem Platzantritt persönlich und unter Mitwirkung der Amtsmitarbeiter im Amt auszufüllen. Dies kann jedoch für die Eltern einige unangenehme rechtliche sowie wirtschaftliche Konsequenzen haben. Sollte sich die Gemeinde weigern den Rechtsanspruch ordnungsgemäß zu bescheiden empfehlen wir eine schriftliche Beschwerde beim Kreisjugendamt (Fachdienst für Finanzhilfen).
Falls Sie sich selbst um einen Platz bemühen möchten empfehlen wir das unten stehende Vorgehen:
Alle Anträge sollten schriftlich gestellt werden. Ebenso sollten Sie sich alle Rückmeldungen schriftlich aushändigen lassen. Mündliche Angaben der Gemeindeverwaltungen sind nicht bindend!
Alle Anträge sollten schriftlich gestellt werden. Ebenso sollten Sie sich alle Rückmeldungen schriftlich aushändigen lassen. Mündliche Angaben der Gemeindeverwaltungen sind nicht bindend!
Ja, in der Beratung fallen insbesondere die Region Amt Brück und die Region Wiesenburg durch fehlerhafte oder fehlende Bescheide über den Rechtsanspruch auf. Wir empfehlen daher sich in diesen Regionen an eine Agentur zu wenden um von vornherein ein rechtssicheres Verfahren in der Hand zu haben.
In diesem Fall können sie alternativ
Mehrkosten (also abzüglich der Kitakosten!) können Sie zurück verlangen. Diesen Anspruch gerichtlich durch zu setzen ist jedoch sehr schwierig, kräftezehrend und zeitaufwändig – die Hürden sind hoch.
Sie sollten nachweisen können, dass Sie:
Der Weg um ihre Ansprüche durch zu setzen ist also:
Außer bei den Punkten 1 und 2 ist die Beratung durch einen sachkundigen Anwalt dringend angezeigt. In der Vergangenheit hat sich jedoch gezeigt, dass Eltern, die Ihre Rechte kennen und diese konsequent einfordern erfolgreich bei der Durchsetzung ihrer Rechte sind.
Zunächst ist ein Platzantrag an die Gemeinde bzw. das Amt zu stellen. Dieser Antrag muss Angaben zu den Arbeitszeiten und Fahrwegen enthalten. Darüber hinaus sollte darauf verwiesen werden, dass Ihre persönlichen Lebensverhältnisse Schlafpausen am Tag erfordern. Ihr Kind hat ferner – alters- und entwicklungsbedingt – das Bedürfnis und den Anspruch auf einen regelmäßigen Tagesablauf. Sie werden daher zeitweise eine 24h-Kinderbeteuung brauchen. Kann die Gemeinde diesen Rechtsanspruch (Achtung: Dieser Rechtsanspruch muss zunächst von der Gemeinde anerkannt werden!) nicht erfüllen, können Sie sich selbst um eine Betreuung bemühen. Stellen Sie z.B. eine Kinderfrau (z.B. Nachbarin oder befreundete Mutter) ein, ist diese von der Gemeinde zu finanzieren. Sollte einer der Eltern alternativ eine schlechter bezahlte Stelle annehmen müssen um die Betreuung selbst durch zu führen ist der Verdienstausfall zu ersetzen.
Die Gemeinde hat keine freien Kitaplätze. Sie bietet Ihnen aber einen Platz in einem Spielkreis an. Da ein Spielkreis die Teilnahme der Eltern voraus setzt, erfüllt das Angebot nur den Rechtsanspruch, wenn Sie teilnehmen möchten. Eine einfache Verweigerung der Teilnahme genügt also, sodass der Rechtsanspruch unerfüllt bleibt. In jedem Fall nicht erfüllt ist der Rechtsanspruch für berufstätige Eltern, da er nicht bedarfsgerecht ist – jedoch nur solange die Eltern auf eine Teilnahme verzichten.
Leider versuchen die Gemeinden über Spielkreise billig den Rechtsanspruch von Kindern von Erwerbslosen und Hausfrauen/Hausmännern zu erfüllen. Im Interesse der Kinder ist diese soziale Segregation nicht! Wir empfehlen daher den Eltern solche Angebote grundsätzlich nicht zu nutzen und auf privat organisierte Alternativen auszuweichen.
Ja, wenn die persönliche Lebenssituation es erfordert, ist immer eine längere Betreuungszeit möglich. Dies umfasst nicht nur die Berufstätigkeit der Eltern, sondern auch eine schwere Erkrankung. Leider ist uns ein Fall aus dem Amt Brück bekannt, wo eine schwer an Krebs erkrankte Schwangere überredet wurde nur die Mindestbetreuungszeit für ihr erstgeborenes Kind in Anspruch zu nehmen und auf eine dringend notwendige verlängerte Betreuungszeit zu verzichten. Dies ist absolut inakzeptabel, selbstverständlich hätte die Mutter Anspruch auf eine längere Betreuungszeit für ihr Kind gehabt. Auch dieses Beispiel zeigt: Prüfen Sie genau, wozu Sie sich überreden lassen und auf welche Rechte Sie freiwillig verzichten möchten.
Grundsätzlich ist für die Prüfung des Rechtsanspruches die Wohnortgemeinde oder das Jugendamt zuständig. Den Platzantrag stellen Sie jedoch bei dem Träger der Einrichtung. Beide Funktionsbereiche werden in den Gemeinden leider nicht konsequent voneinander getrennt. Das führte in der Vergangenheit dazu, dass Eltern, die Ihren ständigen Wohnsitz nicht in die Kita-Gemeinde verlegt haben, keine Antragsformulare ausgehändigt wurden. Lassen Sie sich daher Ihren Rechtsanspruch von Ihrer Wohnortgemeinde bestätigen und stellen Sie den Antrag formlos beim Träger ihrer Wunschkita. Über den Antrag muss dann binnen drei Monate entschieden werden.
Ihr Kind hat einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz – dieser gilt auch in der Schließzeit! Verzichten Sie auf eine Kinderbetreuung verzichten Sie freiwillig auf einen Teil des Rechtsanspruchs. Sofern Sie also eine Betreuung in der Schließzeit Wünschen haben Sie bzw. Ihr Kind einen Anspruch gegenüber der Gemeinde darauf. Diese muss Ihnen entweder eine Notbetreuung oder einen Platz in einer anderen Einrichtung anbieten. Ein Beschluss durch einen Kitaausschuss ändert daran übrigens nichts.
Dennoch gibt es gute Gründe – auch als Eltern – mit einer Schließzeit einverstanden zu sein. So führen Schließzeiten i.d.R. zu einer verbesserten Personalausstattung in den regulären Betreuungszeiten, da der Urlaub der pädagogischen Fachkräfte bereits abgegolten wurde. Die Erzieher tragen ihren Teil bei, indem sie auf eine freie Urlaubsplanung verzichten. Eltern sollten daher darauf achten, dass nicht nur Eltern und Erzieher einen Beitrag für eine verbesserte Personalsituation leisten. Man darf durchaus einen mindestens gleichwertigen Beitrag von der Wohnortgemeinde erwarten.
Grundsätzlich ja, es gilt hier die Vertragsfreiheit. Beachten Sie aber bitte folgendes: Es geht dabei nicht um die Erfüllung des Rechtsanspruches – dieser bleibt weiterhin unerfüllt. Sie kommen hier lediglich Ihrer Schadensminderungspflicht nach. D.h. wenn Sie die Mehrkosten gegenüber der Kita erstattet haben möchten, sollten Sie einen schriftlichen Betreuungsvertrag schließen und den Aufwandsersatz überweisen (nicht Bar aushändigen!). Darüber hinaus müssen Sie prüfen ob eine Unfallversicherung (und ggf. weitere Versicherungen) greifen, ein Angestelltenverhältnis vorliegt und und und… Da es hier schnell um erhebliche Summen und auch Rechtsfolgen für Ihre Nachbarin geht, empfehlen wir hier ebenfalls (evtl. auch gemeinsam) den Gang zu einem Anwalt, der Ihnen im Rahmen einer individuellen Rechtsberatung wichtige Hinweise geben kann. Sollten Sie kein Schadensersatz gegenüber der Gemeinde/Kreisjugendamt geltend machen und es handelt sich lediglich um eine gelegentliche Unterstützung, können Sie das wie bei einem Wochenendaufenthalt bei der Oma regeln – privat mit mündlichen Absprachen.
Ich habe eine mündliche Platzzusage bekommen. Reicht das nicht?
Nein! Uns sind mehrere Fälle bekannt, wo Eltern zunächst eine mündliche Zusage bekommen haben und später eine schriftliche Absage. Es handelt sich lediglich um eine „Hinhaltetaktik“ um sich alle Optionen offen zu halten. Stellen Sie unbedingt rechtzeitig einen schriftlichen Antrag (vgl. „Kochrezept“ oben)! Ohne Antrag können Sie Ihre Rechte nur sehr viel schwerer einfordern und müssen im Fall einer Absage möglicherweise mehrere Monate Verdienstausfall selbst tragen – ohne Chance auf Schadensersatz.
Das ist prima und hilft Familien, die diese Möglichkeit nicht haben ABER verwenden Sie in Ihrem schriftlichen Antrag dennoch den Zeitpunkt ab dem der Rechtsanspruch entsteht. Sie können der Gemeinde nach der Antragstellung jederzeit soweit entgegen kommen, wie es Ihnen möglich ist und soweit wie Sie es möchten. Sie sollten Ihr Entgegenkommen jedoch schriftlich fixieren und nicht im Vorfeld – also bereits vor Antragstellung – auf Ihren Rechtsanspruch verzichten.
Die Gemeinde sagt, sie wäre nicht zuständig und verweist uns an den Landkreis. Der Landkreis wiederum stellt keine Bescheide aus. Gern würden wir einen Anwalt einschalten, unsere Rechtsschutzversicherung verweigert aber ohne Bescheid die Kostenübernahme.
Das niedrigste Kostenrisiko haben Sie, wenn Sie sich an eine Agentur wenden. Die Agenturen arbeiten häufig mit Partneranwälten zusammen. Alternativ können Sie auch ohne Zusage der Rechtsschutzversicherung einen Anwalt einschalten. Der Anwalt kann sich dann selbst mit der Rechtsschutzversicherung auseinander setzen - das klappt dann häufig (aber nicht immer) besser. Auch der Versicherungsombudsmann kann helfen die Rechtsschutzversicherung in die Pflicht zu nehmen. Das Verfahren beim Ombudsmann ist kostenlos und häufig erfolgreich.
Der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ist in der Bundesgesetzgebung geregelt – das Gesetz steht aber unter Landesvorbehalt. D.h. wie der Rechtsanspruch im Detail ausgestaltet wird regelt die Landesgesetzgebung (KitaG, KitaPersV usw.) und ist damit in jedem Bundesland unterschiedlich. In Brandenburg (und auch in einigen wenigen anderen Bundesländern) liegt die Rechtsanspruchsprüfung beim Kreisjugendamt, wobei – und hier wird es richtig anstrengend – das Kreisjugendamt diese Aufgabe per Vertrag an die Gemeinden übertragen kann. Kurzum: In jeder Gemeinde (auch innerhalb eines Kreises) kann die Zuständigkeit unterschiedlich sein! In Borkwalde bspw. ist die Rechtsanspruchsprüfung per Vertrag an die Gemeinde (vertreten durch das Amt Brück) delegiert worden. Das heißt die Wohnortgemeinde bescheidet über den Rechtsanspruch. In einer anderen Gemeinde im Landkreis Potsdam-Mittelmark kann das aber anders aussehen. Dennoch kann man sich immer an die Wohnortgemeinde wenden. Bei fehlender Zuständigkeit sind die Anträge unverzüglich an die zuständigen Stellen weiter zu leiten (§16 Abs. 2 SGB I).
Die positive Rückmeldung bezüglich eines Kitaplatzes ist eine andere „Baustelle“. Die Kita-Gemeinde– in der Funktion als Betreiber einer Einrichtung und nicht als Wohnortgemeinde –entschiedet (nicht bescheidet!) über den Kitaplatz. Wenn sich keine Kita oder Tagesmutter finden lässt, muss man beim Landkreis die Zuweisung eines Kitaplatzes beantragen. Eltern können diesen Antrag aber auch bei jeder anderen öffentlichen Verwaltung stellen (also z.B. auch bei der Gemeinde). Bei fehlender Zuständigkeit sind die Anträge unverzüglich an die zuständigen Stellen weiter zu leiten (§16 Abs. 2 SGB I). Es braucht sich also niemand von einer Verwaltung zur nächsten schicken zu lassen – die Weitergabe der Anträge hat die Verwaltung selbstständig zu erledigen. Besser ist natürlich dennoch, wenn man direkt die zuständige Stelle anschreibt, diese zu identifizieren ist aber mitunter nicht einfach. Ein Anwalt kann dabei wertvolle Unterstützungsarbeit leisten.
Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag nicht von Juristen verfasst, sondern von Eltern für Eltern geschrieben wurde. Die Prüfung Ihres ganz konkreten Einzelfalls sollten Sie bei Bedarf einem Rechtsanwalt überlassen.
Gern möchten wir weitere Fallkonstellationen ergänzen. Schildern Sie uns doch ihr ganz persönliches Erlebnis. Gern veröffentlichen wir anonym Ihre Geschichte.